Samstag, 7. Dezember 2013

1938: Evelyn Waugh: Scoop (Großbritannien)

Everything seemed quiet enough, but it was as much as their jobs were worth to say so, with Jakes filing a thousand words of blood and thunder a day. So they chimed in too. Government stocks dropped, financial panic, state of emergency declared, army mobilized, famine, mutiny, and in less than a week there was an honest to God revolution under way, just as Jakes had said. There's the power of the press for you.

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In den besseren Kreisen von London haben die Missverständnisse keine schlechten Eltern: Da wird auf einer Party ein Name geflüstert, Boot, Autor viel gelobter Romane, sapienti sat, der Premier schätzt ihn auch, und schon macht der Name an den richtigen Stellen die Runde; es trifft nur alles, weil keiner wirklich Bescheid weiß, und über Details wie Vornamen ist man erhaben, den Falschen. In Ishmaelia, irgendwo in Afrika, ist die Hölle los (möglicherweise) und weil die Zeitung - sie trägt den Namen Daily Beast - einen Korrespondenten vor Ort braucht, wird der ganz falsche Mann mit dem halb richtigen Namen, ein Boot vom Land und nicht aus der Stadt, ein Boot, der es mit der Fauna hat und nicht der Politik, dorthin verschickt. Er packt gut ein, bricht spät auf, hat als unser Mann in Ishmaelia mehr Glück als Verstand und trifft auf ein Kätchen. Dass er ohne viel eigenes Zutun den Super-Scoop landet, versteht sich, wie so vieles hier, fast von selbst, weil es das Genre verlangt.

Dieser Roman ist Satire. Er sucht den komischen Effekt. Schickt darum eine forsche Nebenheldin slapsticknah mit Babycar über Bordstein und Graben. Mit dem komischen Effekt ist es so, dass er immer wieder gelingt. Mit der Satire ist es anders. Auch sie gelingt, aber sie nimmt von der ersten Zeile an überhand, und das ist ein Problem. Was Scoop sich erfindet, ist eine ziemlich sterile eigene Welt, in der gleich alle und alles um mehr als ein sanftes Stück aus möglichen Wirklichkeiten verrückt sind. Da ist zu wenig harte Arbeit am Realitätsmaterial, da ist ein zu souveräner Zugriff auf Figuren und fremdes Land und fremde Leute. Von der Zeitung und vom fernen afrikanischen Land bekommt man so kaum mehr als Waughs Vorurteile zu beidem zu sehen.

Man ist amüsiert, klar. Aber ist das Humor, der sich zynisch gibt, oder Zynismus, der humoristisch tut? Macht es sich Waugh nicht, wenn ihm die eine Haltung zu heikel wird, in der anderen und damit unvereinbaren Haltung bequem? Ich fühlte mich jedenfalls unwohl, und nicht der Verhältnisse, sondern der ästhetisch-ethischen Unklarheit wegen, über die Waugh nicht hinauswill. Es kommt dazu, dass Ross Thomas sowas später sehr viel besser gemacht hat, besser weil böser, weil genauer, weil ohne aufs bloße Klischee der vom breiten Publikum ohnehin angenommenen Milieuschäden zu zielen. Seine Figuren leben. Und seine Sätze töten.

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